Hangflug-Tradition in HiHai

(Bericht vom Piloten Markus Beckmann – Bilder von Markus und Burkhard Werner)

Der 16 jährige Handelsschüler Karl Dobener flog mit einer Mü 13 am 23.06.1944 den Hangrekord mit 15 Stunden und übertraf den erst vor einigen Wochen aufgestellten Rekord über 13 Stunden von dem Flugschüler Knabe aus Frankfurt a.M.. https://sfc-hihai.de/historie/historie-1944-der-15-stunden-rekord-von-karl-dobener-am-23-6-1944/

Am 27.05.1959 wurde ein erneuter Rekord von Reinhard Göst mit dem Kranich über 15 Stunden 40 Minuten aufgestellt. Sein Kamerad Paul Busch erreichte in einem Grunau Baby II eine Flugzeit von 15h 20Minuten.

Seit dieser Zeit wurden unzählige Versuche durch verschiedene Mitglieder unternommen, diese Flugzeit zu überbieten.

Auch ich unternahm seit meinem Scheinerwerb im Jahre 1989 mehrere Versuche, die meistens nach kurzer Zeit auf dem Notlandefeld in der Eiershäuser Wiese, unterhalb des Nordwest-Hangs endeten. Am 27.06.2007 gelang mir jedoch ein längerer Flug mit einer Dauer von 13 Stunden und 54 Minuten. Ein Regenschauer führte gegen 19.00 Uhr zum vorzeitigen Ende. Ebenso ein Flug am 08.07.2015 mit einer Flugzeit von 12h17 Minuten. An diesem Tag herrschte eigentlich „nur“ Westwind mit schwacher Wolkenthermik und ebenfalls Schauern.

Am Mittwoch dem 28.05.2022, also einem Jahr vor unserem 100-jährigen Bestehen des Vereins, war es soweit. Bereits am Mittwoch versprach der Wetterbericht Kaltlufteinbruch mit stärkeren Winden aus Nordwest. Alles wurde geplant und nach langer Erfahrung, die man in den Jahren gesammelt hat, Flugzeug und Mannschaft zusammengestellt. Die K8 aus dem Hause Alexander Flugzeugbau, wurde vorbereitet und gut abgedichtet, da es in den Morgenstunden recht kalt werden sollte.

Tim Schneider und mein Sohn Felix stellten sich als Starthelfer und Windenfahrer zur Verfügung. Um 04.00 Uhr in den Morgenstunden, suchte ich zunächst den Hang auf um die Windverhältnisse zu inspizieren. Nach nur kurzer Zeit stand der Entschluss fest, ich starte.

Mit warmer Kleidung und ausreichend Proviant wurde um 04.45 Uhr auf dem Sonderlandeplatz an der Winde gestartet, was uns aufgrund der morgendlichen Dämmerung möglich war, bei einem Sonnenaufgang um 05.23 Uhr. Die Lichtverhältnisse waren für diese Uhrzeit doch recht gut.

Die Schlepphöhe betrug etwa 600 m über Platz. Ich stellte jedoch fest, dass es im Tal noch recht dunkel war. Ich versuchte meine Höhe möglichst langsam abzugleiten, um möglichst viel Zeit nach hinten hinauszuschieben, falls doch eine frühzeitige, sichere Landung im Tal erfolgen musste. Die Höhe nahm langsam ab, zum Glück stand der Wind gut, der Windsack an der Halle am Hang war optimal ausgerichtet. In etwa 120 m Höhe bemerkte ich, dass der Hangwind aus Nordwest ausreichend trug. Die aufsteigende Sonne machte mir die Sicht schwer, so dass ich mich stark konzentrieren musste, um sicher der Geländestruktur am Hang zu folgen. Nach ca. 20 Minuten war es geschafft. Die Sichtverhältnisse waren gut und der Hangwind stand konsequent. In einer Höhe von 60-80 m über Platz war das Steigen am besten. Ich wartete darauf, dass die Thermik einsetzte. Aufgrund der Kaltluft setzte diese bereits gegen 07.30 Uhr ein, so dass ich nach kurzer Zeit eine Flughöhe von 400 m erreichte. Die ersten Modellflieger starteten ebenfalls im Laufe des Vormittags mit ihren Segelflugzeugen. Jetzt hieß es für mich, mindesten 12 Stunden mit Wolkenthermik entspannt zu fliegen.

Es kam aber anders. Am Nachmittag entstanden die ersten Schauer. Wolken entwickelten über und es begann leicht zur regnen. Diese mit einer K8 zu umfliegen, wie es mit modernen Hochleistungsflugzeugen leicht möglich ist, schien schwierig, da es großflächig abschattete. Die erneute Thermikbildung wurde verzögert. Ich musste mich an den rettenden Hang begeben und konnte bei erneuter Sonneneinstrahlung einen Aufwind (Bart) an der Eschenburg erreichen, der durch Tim mit seiner LS-4 gezeichnet war. Kalte Füße und Müdigkeit bereiteten mir auch leichte Schwierigkeiten. Die leichte Schauertätigkeit schwächte gegen Spätnachmittag ab, so dass ich lang andauernde Wolkenthermik in Richtung Westen ausnutzen konnte. Fünf Stunden waren noch zu schaffen. Die Mitglieder machten mir Mut und die Windverhältnisse sahen für die Abendstunden vielversprechend aus.

Unsere Vorsitzende Sissi meldete sich über Funk und teilte mir die Rekordzeit mit, die für mich für einen Erfolg galt. Es hieß bis mindestens 20.26 Uhr zu fliegen um den alten Rekord von Reinhard einzustellen. Erst etwa 10 Minuten vor erreichen dieser Zeit wurde mir klar, „Junge du schaffst es vielleicht doch“.

Als es geschafft war, befand ich mich immer noch in Wolkenthermik auf einer Höhe von 800 Metern. Mir war klar, dass mindesten eine 16 vor der neuen Rekordzeit stehen muss, somit konnte ich meine Höhe langsam reduzierten. Als ich dann über den Skilift an den Hang flog, sah ich, wie eine Vielzahl von Mitgliedern mit Vereinsflaggen auf mich warteten. Voller Stolz erfolgte ein Vorbeiflug von mir und die anschließende Landung auf dem Segelfluggelände des Nordwest-Hangs.

Der Empfang wurde gebührend in den Vereinsräumen des SFC HiHai e.V. gefeiert.

Ich möchte mich nochmals herzlich für die Hilfe von allen Mitgliedern bedanken, die mir den lang Ersehnten Traum ermöglicht haben und hoffe, dass es genug Nachahmer aus den Jungen Reihen gibt, um diese Flugzeit erneut einzustellen.

 

Flugschüler des Vereins haben Markus ein paar Fragen gestellt, die er natürlich gern beantwortet hat.

Detlef: Was hat dich inspiriert den alten Hangrekord zu toppen?

Markus: Seit vielen Jahren, eigentlich seid unserer jüngsten Jugend, waren wir erpicht darauf Paul Busch und Reinhard Göst nachzueifern und den Hangrekord aus 1959 zu brechen. Mit einigen Leuten gab es im Laufe der Jahre immer wieder Versuche. Wir starteten teilweise morgens mit 2 Flugzeugen gleichzeitig, lagen aber dann auch je nachdem schon um 05.30 Uhr wieder in der Wiese. Es hat mich aber nicht mehr losgelassen und so haben wir es immer wieder probiert. Einmal im Jahr oder auch alle 2 Jahre wenn das Wetter passte wurde es probiert. Auch wenn wir teilweise schon um 05.30 Uhr das Vorhaben mit „Wiesenbier“ beenden mussten war der Ehrgeiz immer da es zu schaffen.

Gerrit: Wie hast du den Tag ausgewählt, welche Bedingungen müssen herrschen?

Markus: Das ist natürlich in erster Linie die lange Tageszeit, Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Die Versuche den Hangrekord zu brechen können wir meistens nur um den Juni herum unternehmen weil die 15 Stunden 40 Minuten die zu knacken waren gehen nur in diesem Zeitraum. Wir dürfen nur 40 Minuten vor Sonnenaufgang starten und müssen auch bezüglich der Landung den Sonnenuntergang im Auge behalten. Das ist der Hauptfaktor und natürlich muss auch der Nordwest-Wind passen und dauerhaft durchblasen, auch unten im Tal. Das ist sehr wichtig. Meistens ist er morgens so um 05.00 Uhr noch nicht so stark, dann wird es mehr bis etwa 19.00 Uhr und dann lässt er meist abrupt nach. Es muss sicher sein, dass er vernünftig durchbläst. Das es keine Schauer und keinen Regen gibt ist auch wichtig weil nach einem Schauer immer eine Flaute im Nordwest-Wind ist und er nachlässt. All das zusammen mit der körperlichen und mentalen Form die an dem Tag passen muss sind die Grundsteine für so ein Vorhaben.

Markus N.: Markus, du bist jetzt fast 17 Stunden geflogen, was hast du gemacht damit du nicht müde wirst, nicht einschläfst oder die Konzentration verlierst? Wie organisierst du das?

Markus: Hin und wieder bin ich mal tiefer geflogen damit es wieder etwas aufregend wurde, habe mal ein Lied gesungen und einfach irgendwas versucht um fit zu bleiben, auch mal mit anderen Flugzeugen zusammen gekurbelt. Dann ging das immer wieder und man war wieder fit.

Markus N.: Hast du auch zwischendurch immer mal über Funk mit jemandem gesprochen?

Markus: Ja klar, auch immer mal gesprochen. Dann auch was gegessen und getrunken, das ist auch wichtig für den Zuckerhaushalt und dann war man wieder fit. Als die Halbzeit vorbei war, ab da ging die Zeit richtig schnell vorbei und generell, wie man so schön sagt „die Zeit vergeht wie im Fluge“ und so war es wirklich. Die 16 Stunden kamen mir vor wie nur 5 Stunden, nach der Halbzeit ist die Zeit nur so gepurzelt. Als mein Kumpel Henrik sagte es sind doch nur noch 5 Stunden, das schaffst du schon dachte ich mir noch, 5 Stunden sind ja doch noch ne lange Zeit aber es ging dann wirklich so schnell. Am Ende dann sowieso, da kribbelt dann nur noch alles und man versucht einfach nur noch mit allen Mitteln oben zu bleiben damit das klappt. Die Vorfreude kam so 5 Minuten vor dem Ende da habe ich dann realisiert das es klappen könnte.

Der Segelflieger-Club HiHai gratuliert seinem Vereinsmitglied Markus Beckmann zu dieser Meisterleistung.

Markus wir sind stolz auf dich und das du nach so vielen Versuchen, nun endlich diesen Hangrekord nach 63 Jahren überboten hast – Super!